NewsSo kann Künstliche Intelligenz Anlegern bei der Geldanlage helfen

So kann Künstliche Intelligenz Anlegern bei der Geldanlage helfen

Derzeit sorgt das KI-Tool ChatGPT von OpenAI regelmäßig für Schlagzeilen. Mittlerweile ist die Künstliche Intelligenz so weit fortgeschritten, dass sie in der Lage ist, auf Anfrage ihrer Nutzer eigenständig ganze Texte zu schreiben und Code zu erstellen. Auch in anderen Bereichen schreitet die Entwicklung von immer leistungsfähigerer KI weiter voran. Eine Frage, die viele Anleger beschäftigt ist, ob Künstliche Intelligenz auch bei der Geldanlage helfen kann. Welche Möglichkeiten existieren und wo drohen Gefahren für Anleger?

Künstliche Intelligenz bei der Geldanlage in Form von Robo-Advisors seit Jahren auf dem Vormarsch

Dass Künstliche Intelligenz (KI) in zahlreichen Lebens- und Arbeitsbereichen über ein riesiges Potenzial verfügt, ist nicht erst klar, seit OpenAI im vergangenen Herbst ChatGPT 3.5 herausgebracht hat. In zahlreichen Branchen gilt KI bereits seit Jahren als eine der wichtigsten Schlüsseltechnologien für die Zukunft überhaupt. Auch in der Finanzbranche spielt KI eine immer größere Rolle. So sahen gemäß einer Studie der Wirtschaftsberatung PWC innerhalb der Branche bereits 2020 knapp die Hälfte aller Befragten in KI eine wichtige Innovation.

Eine von zahlreichen Anlegern weltweit bereits seit Jahren genutzte Form der Anlage-KI sind sogenannte Robo-Advisors. Diese digitalen Vermögensverwalter empfehlen Anlegern unter Einsatz von Algorithmen und auf Grundlage von unterschiedlichen Fragen über deren finanziellen Verhältnisse oder den Anlagehorizont optimierte Portfolios. Bei sogenannten Full-Service-Varianten machen die Robo-Advisors dabei nicht nur Anlagevorschläge, sondern verwalten die Portfolios ihrer Nutzer gleich in Eigenverantwortung.

Welch wachsender Beliebtheit sich derartige Robo-Advisor erfreuen, wird bei einem Blick auf das weltweit von ihnen verwaltete Anlagevolumen deutlich. Belief sich dieses 2017 noch auf 170 Milliarden Euro, waren es im vergangenen Jahr bereits 2,32 Billionen Euro, wie aus den Daten von Statista hervorgeht. Der Wachstumstrend soll sich auch in den kommenden Jahren weiter fortsetzen. Schon 2027 sollen Robo-Advisor ein Anlagevermögen von mehr als 4,45 Billionen Euro weltweit verwalten. Die Zahl der Nutzer soll dabei auf über 234 Millionen anwachsen.

KI als Anlageberater – Kann ChatGPT Anlegern bei der Geldanlage helfen?

Angesichts des anhaltenden Hypes rund um ChatGPT kommt nun natürlich bei vielen Anlegern die Frage auf, inwiefern CHatGPT als Anlageberater taugt. Befeuert werden solche Gedankengänge u. a. von Alejandro Lopez-Lira, Professor des Finanzinstituts der University of Florida. Dieser will herausgefunden haben, dass ChatGPT tatsächlich in der Lage sein soll, erstaunliche Prognosen mit Blick auf den Aktienmarkt zu treffen.

Bei ihrem Experiment ließen Lopez-Lira und sein Kollege Yueha Tang ChatGPT eine Vielzahl an Schlagzeilen aus Finanznachrichten analysieren. Der Chat-Bot sollte dabei beantworten, ob die jeweiligen Nachrichten eine gute oder schlechte Kursentwicklung für eine bestimmte Aktie nahelegen würden.

Anhand der Nachrichtenlage sollte die KI anschließend die Kursentwicklung der einzelnen Aktien vorhersagen. Das Erstaunliche: ChatGPT lag mit seinen Vorhersagen erstaunlich oft richtig. Nicht nur waren die Prognosen besser als per Zufall ermittelte Prognosen. Auch von Investoren verwendete Börsenbarometer erwiesen sich als weniger präzise als die Vorhersagen des Chat-Bots.

Allerdings schränkte Lopez-Lira das Ergebnis seines Tests ein. ChatGPT seien bei dem Experiment nämlich keinerlei Berechnungen abverlangt worden. Die KI gab für ihre Prognosen keine Zielkorridore aus. Die Vorhersagen von ChatGPT basierten ausschließlich auf der Analyse der Stimmungslage an der Börse anhand der Schlagzeilen. Hier konnte ChatGPT allerdings in beeindruckender Weise unter Beweisstellen, dass es in der Lage ist, Nachrichten richtig einzuordnen und zu verstehen, wie sich diese auf die Börsenstimmung auswirken werden.

Mit ChatGPT in Aktien investieren? Darauf sollten Anleger achten

Für professionelle Börsenanalysten und Trader scheint ChatGPT ob seiner Einschränkungen aktuell noch nicht wirklich interessant zu sein. Ob sich dies in Zukunft ändern wird, dürfte stark davon abhängen, wie leistungsfähig künftige Versionen der KI mit Blick auf mathematische Berechnungen sein werden.

Ob sich ChatGPT als Anlageberater für Kleinanleger eignet, hängt davon ab, wofür genau die KI zurate gezogen werden soll. Wie aus dem Experiment von Lopez-Lira hervorgeht, kann der Chat-Bot schon jetzt dabei helfen, die Auswirkungen bestimmter Nachrichten auf die künftige Kursentwicklung einer Aktie einzuschätzen. Bei der Zusammensetzung des eigenen Portfolios kann ChatGPT derzeit allerdings nur bedingt helfen. Entsprechende Fragen werden zumeist mit allgemeinen Ratschlägen beantwortet, wie sie sich auch in zahlreichen Finanznachrichtenportalen, Anlageblogs usw. finden lassen.

Darüber hinaus hängen die Genauigkeit und Relevanz der Antworten des Chat-Bots maßgeblich davon ab, wie genau die Fragen gestellt werden. Oft benötigt ChatGPT spezifische Aufforderungen (Prompts), um die gewünschten Antworten zu geben.

Des Weiteren greift der Chat-Bot bei seinen Antworten auf eine Datenbank vorhandener Informationen zurück. Dabei hat die KI allerdings keinen Zugriff auf die täglichen News. Wer also wissen will, wie sich eine bestimmte Nachricht auf einen Aktienkurs auswirken könnte, muss ChatGPT diese Nachricht per URL zukommen lassen. Die KI hat Zugriff auf von Mircosofts Suchmaschine Bing gecrawlte Seiten. Allerdings hat ChatGPT keinerlei Kenntnisse über das Weltgeschehen nach 2021, was evtl. zu unpräzisen Analysen und Vorhersagen führen kann.

Eine weitere Gefahr, welche aber vermutlich erst in der Zukunft relevant werden könnte, ist mit der wachsenden Nutzung von ChatGPT für die Kursanalyse selbst verbunden. Aus der Analyse von Echtzeit-Nachrichten durch ChatGPT lassen sich für Anleger nämlich nur dann konkrete Vorteile am Markt erzielen, solange ein Großteil der übrigen Marktteilnehmer nicht ebenfalls auf die KI zurückgreift. Nutzt hingegen jeder ChatGPT, werden Nachrichten in der Kursentwicklung der folgenden Tage sofort eingepreist, sodass sich kein konkreter Vorteil mehr ergibt. Lopez-Lira selbst gab daher gegenüber CNBC zu, dass sein Experiment womöglich bereits innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht mehr funktionieren würde.

KI zur Finanzanalyse – Diese ChatGPT-Alternativen gibt es

Anleger, die KI für die Aktienanlage nutzen möchten, müssen hierfür allerdings nicht unbedingt auf ChatGPT zurückzugreifen. Tatsächlich existieren nämlich gleich eine Reihe von KI-Produkten für die Finanzanalyse.

  • AlphaSense kann mittels KI dabei helfen, Trends in einer Branche zu identifizieren und die Marktstimmung zu messen
  • Kensho unterstützt Anleger bei der Analyse von wirtschaftlichen Auswirkungen auf Märkte und Unternehmen mit Blick auf Anlageentscheidungen
  • Sentio analysiert Finanznachrichten, Filings und Research-Berichte und hilft dabei, Investitionschancen zu identifizieren
  • Sigmoidal analysiert Daten und trifft auf deren Grundlage Vorhersagen für die weitere Marktentwicklung, wobei neben wirtschaftlichen auch politische Veränderungen berücksichtigt werden

Fazit – So kann Künstliche Intelligenz Anlegern bei der Geldanlage helfen

Die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz dürfte in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen. Auch im Bereich der Aktien- und Finanzanalyse wird KI in Zukunft eine immer stärkere Rolle spielen.

Anleger, die KI für die Aktienanlage nutzen möchten, können dies bereits heute tun. Neben den immer beliebter werdenden Robo-Advisors stehen auch eine Reihe fortschrittlicher KI-Produkte für die Finanzanalyse zur Verfügung. Allerdings richten sich die meisten davon eher an professionelle Anleger.

Wer hingegen von ChatGPT Aktientipps erhalten möchte, sollte sich darüber im Klaren sein, dass der Chat-Bot über aktuelle Nachrichten und Entwicklungen derzeit nicht im Bilde ist. In seinen Antworten warnt ChatGPT selbst, dass die KI keine spezifischen Anlageempfehlungen geben kann. Allerdings kann ChatGPT auf Anfrage zumindest mit hoher Genauigkeit für ein bestimmtes Anlagethema relevante Aktien nennen.

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Florian Schulze
Florian Schulze
Florian Schulze hat einen Abschluss in internationaler Politik und Wirtschaftspolitik und studiert derzeit Mathematik. Aktien sind seine Leidenschaft.

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