Der Ukraine-Krieg hat nicht nur die Weltordnung des 21. Jahrhunderts verändert. Zugleich hat der russische Einmarsch in die Ukraine den Aktienmarkt durcheinandergewirbelt. Die Öl- und Gas-Preise stiegen deutlich an. Viele Anleger wendeten sich wieder den Öl- und Gas-Aktien zu, die innerhalb weniger Tage explodierten, wenn es sich nicht gleich um russische Unternehmen handelte.
Während in den letzten Jahren Öl- und Gas-Aktien einen schweren Stand hatten und nachhaltige Unternehmen bevorzugt wurden, konnten nun Gas-Aktien erneut an Fahrt aufnehmen. Doch ist es noch der perfekte Zeitpunkt zum Investieren in Erdgas? Darum geht es im folgenden Beitrag.
Gas-Preis explodiert: Neuer Rekord zum Wochenstart
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und den daraus resultierenden Sanktionen gegen Russland stiegen die Preise von Öl und Gas deutlich. Am Montag wurde eine Megawattstunde Erdgas teilweise für 345 Euro gehandelt. Daraus ergibt sich ein Plus von rund 60 %. Der Erdgas-Preis befindet sich auf einem neuen Hoch. Denn die Gaspreise stiegen bereits vor dem Ukraine-Krieg deutlich an. In der vergangenen Woche waren es noch rund 200 Euro je Megawattstunde. Im langjährigen Durchschnitt betrug der Preis eher 10 bis 25 Euro.
Droht ein Importstopp von russischem Erdgas?
Doch ist die Rallye beim Gas-Preis wirklich schon am Ende angekommen? Denn noch fließt das russische Gas nach Europa. Beispielsweise sollten am Sonntag 109,5 Millionen Kubikmeter Gas transportiert werden. Zwar sind einige Gasleitungen in der Ukraine beschädigt. Dennoch liefert Gazprom beispielsweise im normalen Umfang Gas über die Ukraine in den Westen. Die russische Regierung hat auch kontinuierlich bekräftigt, weiterhin Erdgas liefern zu wollen.
Nichtsdestotrotz bleibt die Situation heikel. Möglich scheinen sowohl Kontrasanktionen der russischen Politik als auch ein Importstopp von russischem Erdgas, wenn sich die Situation verschlimmern würde. Zwar scheint die Energieversorgung Stand heute kaum ohne russisches Gas möglich. Sicher scheint Anfang 2022 wohl kaum etwas. Denn auch den russischen Angriff ohne diplomatische Bemühungen einer politischen Lösung hat wohl vor einigen Monaten kaum jemand wirklich erwartet.
Weitere Sanktionen oder ein Importstopp würden die Situation verschärfen. Der Gas-Preis könnte somit weiter steigen. Eine Normalisierung scheint ebenfalls nicht zeitnah in Sicht, sodass der Gas-Preis länger auf hohem Niveau verharren könnte.
Die Chancen der Gas-Aktien
Der Energiebedarf wird durch die Ukraine-Krise nicht sinken. Zugleich wird die Nachfrage nach Energie in den nächsten Jahrzehnten mit Blick auf Bevölkerungswachstum und steigenden Wohlstand weiter anziehen. Der Wandel von fossilen Brennstoffen wie Gas und Öl zu alternativen Energiequellen ist fest beschlossen. Die Energiewende ist dringend notwendig. Dennoch können erneuerbare Energien heute den Bedarf noch nicht alleinig decken. Dies bietet die Chance auf eine mittelfristig positive Performance für die Gas-Aktien.
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Selbstverständlich sollte man dabei die Finger von russischen Anteilsscheinen lassen, obgleich man diese aktuell sowieso nicht handeln kann. Denn die russischen Gas-Aktien dürften auf absehbare Zeit keine vergleichbaren Bewertungen mehr erhalten – zu hoch scheint das Risiko weiterer Vorfälle und einer zunehmenden Isolierung Russlands.
Die bekanntesten Gas-Aktien im Check
Doch die Betrachtung der aktuellen Situation bei den Gas-Aktien soll nicht theoretischer Natur bleiben. Vielmehr wollen wir im folgenden Abschnitt einen kurzen Blick auf die bekanntesten Gas-Aktien werfen.
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Exxon Mobil Aktie
Zum Start in die neue Handelswoche konnte die ExxonMobil Aktie um rund 3 % zulegen. Damit stieg der Aktienkurs beim US-amerikanischen Mineralölkonzern im vergangenen Monat um rund 7 %. Zuletzt positionierte sich das Unternehmen klar und verurteilte die militärischen Aktionen Russlands.
Somit wolle man das Öl- und Gasfördergeschäft in Russland aufgeben. 2022 sollen über 21 Milliarden US-Dollar investiert werden, um sich zukunftssicher aufzustellen. Die Schulden konnte man im letzten Jahr senken und der Cashflow stieg an. Gut möglich, dass ExxonMobil zumindest kurzfristig als Gewinner aus dieser Krise hervorgeht.
BP Aktie
In der neuen Handelswoche legte auch BP rund 2,5 % an Wert zu. Zwar summiert sich das Kursplus in den vergangenen sechs Monaten auf rund 22 %. Dennoch gab es im aktuellen Monat Verluste im zweistelligen Bereich. Im Zuge der Ukraine-Krise trennte sich BP konsequent von den Anteilen am russischen Energiekonzern Rosneft.
Daraufhin sackte der Aktienkurs spürbar ab. Dennoch sehen zahlreiche Analysten deutliches Aufwärtspotenzial für BP. Steigende Einnahmen könnten bei BP die Basis bilden, um in zukunftsorientierte Energieprojekte zu investieren.
Sinopec Aktie
Nicht wirklich profitieren konnte demgegenüber die Aktie des chinesischen Erdgas- und Mineralölunternehmens Sinopec, die im vergangenen Monat um rund 2,5 % verlor. Dennoch ist Sinopec nicht nur ein traditionelles Öl-Unternehmen, sondern investiert zunehmend in grünen Wasserstoff.
Politische Risiken dürfen jedoch auch in China nicht unberücksichtigt bleiben. Gerade nach dem Ukraine-Krieg fühlen sich viele Anleger mit den Anteilsscheinen von Unternehmen aus dem Westen deutlich wohler.
SaudiAramco Aktie
Bei SaudiAramco handelt es sich um die weltweit größte Erdölfördergesellschaft der Welt mit Sitz in Dhahran in Saudi-Arabien. Neben dem Fokus auf Öl ist man auch im Erdgas-Geschäft tätig. Erst im Februar 2022 verkündete man, dass SaudiAramco vier neue Gasfelder gefunden hat.
Nach dem Anstieg der Öl- und Gaspreise legte der Aktienkurs im vergangenen Monat um rund 20 % zu. SaudiAramco könnte für die westlichen Länder in Zukunft noch wichtiger werden. Zudem hat sich das Land auch eindeutig gegen den Krieg von Russland positioniert.
Shell Aktie
Zur neuen Woche gehörten die Aktien von Shell zu den großen Gewinnern. Der Aktienkurs konnte um über 6 % zulegen. Damit hat man die Kursverluste fast wieder wettgemacht und nähert sich dem Niveau wie vor einem Monat.
Shells Geschäftsmodell ist breit diversifiziert, zugleich investiert man auch in Zukunftsmärkte. Die Bilanz des Unternehmens ist solide und die Bewertung nicht allzu teuer.
Gazprom Aktie
Die Gazprom Aktie verlor im letzten Monat rund zwei Drittel ihres Werts und notiert aktuell bei rund 2,70 Euro. Der Handel mit den Papieren russischer Unternehmen wurde ausgesetzt. Der operative Druck hat sich massiv erhöht. Denn zahlreiche Unternehmen wollen die Zusammenarbeit mit Gazprom beenden.
Das Genehmigungsverfahren für Nord Stream 2 wurde ebenfalls gestoppt. Es ist aktuell nicht absehbar, wann der Handel mit russischen Aktien wieder möglich wird. Bis sich die geopolitische Situation maßgeblich verändert, ist ein Investment in die Gazprom Aktie wohl nicht die beste Wahl (Prognose).
Jetzt noch Gas-Aktien kaufen?
Der Gas-Preis explodierte durch die Ukraine-Krise. Durch die Sanktionen gegen Russland wird das Angebot weiter verknappt. Westliche Staaten dürften tendenziell – so weit es heute möglich ist – russisches Gas meiden und auf andere Anbieter setzen. Dies könnte die Gas-Aktien antreiben. Kurz- und mittelfristig besteht weiteres Kurspotenzial, wenn beispielsweise neue Sanktionen verhängt werden oder es sogar zu einem Importstopp von russischem Gas kommt.
Allerdings bleibt Gas langfristig nicht das Mittel der Wahl. Die westlichen Staaten wollen sich unabhängiger von der russischen Energieversorgung machen und werden in den nächsten Jahren stark investieren. Denn die Ukraine-Krise dürfte ein Weckruf für die westliche Welt gewesen sein. Allerdings werden die USA und die EU nun zwei Notwendigkeiten miteinander verbinden: die Bekämpfung der Klima-Krise und die Stärkung der Unabhängigkeit bei der Energieversorgung. Langfristig werden somit nicht die Gas-Aktien, sondern die New Energy Aktien die großen Profiteure sein.
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