Das Jahr 2022 ist insbesondere für junge Anleger, die die Tücken des Aktienmarkts noch nicht seit vielen Jahren kennen, herausfordernd. Denn eine derart deutliche Korrektur, die schon über mehrere Monate andauert, gab es schon länger nicht mehr. Insbesondere in den letzten Jahren waren die globalen Aktienmärkte von einem dynamischen Aufwärtstrend geprägt.
Doch zahlreiche Belastungsfaktoren machen im Börsenjahr 2022 einen neuen Bärenmarkt wahrscheinlich, der mittelfristig fallende Kurse bringen könnte. Zunächst stieg die Inflation im Zuge der Corona-Hilfen der Notenbanken an. Die Zentralbanken entschieden sich für die Erhöhung der Zinsen, um die Inflation zu bekämpfen. Doch der Ukraine-Krieg machte den geldpolitischen Plänen einen Strich durch die Rechnung. Die Inflation explodierte und befindet sich in vielen Ländern auf einem Niveau, das bereits mehrere Jahrzehnte nicht mehr erreicht wurde.
Nun befürchten einige Experten eine Rezession. Die letzten Quartalszahlen von E-Commerce, Einzelhandel und Co. enttäuschen und zeichnen ein Bild des schwächelnden Wachstums. Rezessionsangst belastet die Aktienkurse. Eine schwache Konjunktur könnte für einen Aktienmarkt sorgen, der in den nächsten Monaten und vielleicht sogar Jahren bestenfalls seitwärts läuft.
Was ist ein Bärenmarkt?
Vom fortwährenden Kampf zwischen Bullen und Bären haben wohl die meisten Anleger schon einmal gehört. Doch was ist per definitionem ein Bärenmarkt? Während im Bullenmarkt die Aktienkurse steigen, fallen diese im Bärenmarkt. Sowohl der Bullen- als auch Bärenmarkt sind Teil eines Börsenzyklus.
Eine verbreitete Definition spricht von einem Bärenmarkt, wenn ein breit gestreuter Index innerhalb von zwei Monaten um mindestens 20 % vom letzten Rekordhoch fällt. Immer wieder kommt es in dieser Phase zu beträchtlichen Abverkäufen bei den einzelnen Wertpapieren.
Eine gute Nachricht gibt es übrigens gleich vorweg: Denn nach Studien dauern Bullenmärkte deutlich länger als dies bei Bärenmärkten der Fall ist. Während ein Bullenmarkt durchschnittlich rund zwei Jahre dauert, endet ein Bärenmarkt nach ungefähr einem halben Jahr. Zwar bestätigt die Ausnahme die Regel. Dennoch können Anleger Hoffnung schöpfen, da steigende Kurse in absehbarer Zeit den Bärenmarkt ablösen werden.
Kommt jetzt ein Bärenmarkt?
Die Frage nach einem bevorstehenden Bärenmarkt kann niemand sicher beantworten. Denn die oftmals beschworene Glaskugel hat kein Experte. Unvorhersehbare Entwicklungen können die Aktienkurse antreiben. Dennoch gibt es einige Experten und auch valide Anzeichen, die einen Bärenmarkt für möglich halten. Seit der Finanzkrise 2008/2009 gab es keinen Zeitraum mit über eine längere Zeit fallenden Kursen. Lediglich 2018 und 2020 gab es kurze, wenn auch heftige, Korrekturbewegungen.
Das makroökonomische Umfeld wird aktuell durch eine hohe Inflation und mögliche Rezession geprägt. Experten zeichnen ein negatives Szenario, das wohl keine steigenden Aktienkurse rechtfertigen würde.
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Anleger müssen sich jetzt auf einen möglichen Bärenmarkt einstellen, in dem sie annualisierte Verluste erleiden. Falls es dann anders kommt, umso besser. Wenn nicht, kann man mit den folgenden fünf Tipps einen Bärenmarkt an der Börse überstehen.
1. Investieren in Tranchen
Die oftmals beschworene Buy-the-Dip-Strategie hat durchaus seine Berechtigung. Insbesondere in schwachen Marktphasen kann ein derartiges Mindset Investoren anhalten, weiter zu investieren. Allerdings weist die Buy-the-Dip-Strategie auch Tücken auf. Denn niemand weiß, ob sich der Aktienkurs in einem Bärenmarkt nach hohen Verlusten erneut halbiert. Hohe Buchverluste wären die Folge.
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Deshalb kann das Investieren in Tranchen die bessere Wahl sein. Dabei entscheiden sich die Anleger in regelmäßigen Abständen, einen bestimmten Betrag zu investieren. Diese Strategie eignet sich in einem Bärenmarkt an der Börse insbesondere zum Nachkaufen bei den Unternehmen, die sich bereits länger im Depot befinden. Allerdings sollte dieser Ansatz nur unter der Prämisse zum Einsatz kommen, dass der Wert des Unternehmens in der realen Welt für höher befunden wird, als dies der Aktienkurs aktuell suggeriert.
2. Regelmäßiges Rebalancing der Investments
Das sogenannte Rebalancing des eigenen Portfolios wird kontrovers diskutiert. Dabei geht es um die Angleichung der Positionsgröße, die sich im Laufe unterschiedlicher Kursentwicklungen verändert. Die Skeptiker kritisieren, dass dadurch immer der Nachkauf schwacher Aktien erfolgt, während die besten Aktien aus dem eigenen Portfolio sogar reduziert werden.
In einem längeren Bärenmarkt kommt es neben den langfristig fallenden Kursen immer wieder zu sogenannten Bärenmarktrallyes. Dann steigen die Kurse innerhalb kürzester Zeit rasant, bevor es eine weitere Korrektur gibt.
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Anleger sollten das Rebalancing nicht zu streng umsetzen, aber dennoch eine Übergewichtung einzelner Positionen vermeiden. Wenn durch eine Bärenmarktrallye eine Aktie eine zu hohe Gewichtung bekommt, steigt das Risiko deutlich an. Schließlich sind fallende Kurse die wahrscheinliche Folge, wenn sich der Bärenmarkt fortsetzt.
3. Geduldig agieren
Geduld ist das A und O für Anleger, die den Bärenmarkt überstehen wollen. Denn niemand weiß, wann der Bärenmarkt endet. Investoren sollten geduldig agieren und nicht vorschnell das Handtuch schmeißen. Denn das kontinuierliche Investieren im Bärenmarkt bietet die Chance auf eine überdurchschnittliche Rendite. Wer in schlechten Marktphasen, wenn niemand Aktien haben möchte, dabeibleibt, wird am Ende fürstlich belohnt.
Dies gilt übrigens für den Aktien- und Kryptomarkt gleichermaßen. Bärenmarkte bieten insbesondere für Anleger, die sich in der Ansparphase befinden, beträchtliche Chancen, wenn denn weiterhin kontinuierlich investiert wird.
4. Mindset bewusst stärken
Ein Bärenmarkt ist eine emotionale und psychologische Herausforderung für alle Marktteilnehmer. Deshalb gibt es kaum einen besseren Zeitpunkt, um Schwächen im eigenen Mindset zu identifizieren und sich mental zu stärken.
Wer Probleme beim Umgang mit Buchverlusten hat oder lieber kein Geld mehr investieren möchte, sollte sich auf die Fakten stürzen. Denn bei einer Betrachtung der Aktienkurse aus der Ferne wird offensichtlich, dass der Bärenmarkt lediglich eine temporäre Unterbrechung der steigenden Kurse ist. Wer in diesem Bärenmarkt das eigene Mindset stärkt, wird den nächsten Bärenmarkt deutlich leichter durchstehen.
5. Niemals Geld investieren, das du eigentlich brauchst
Dieses Credo gilt in einem Bärenmarkt mehr denn zuvor. Denn niemand weiß, wie lange der Bärenmarkt andauert. Dieser kann in einigen Monaten enden oder mehrere Jahre für fallende Kurse sorgen. Wer Geld investiert, das er eigentlich in den nächsten Monaten benötigt, kann gezwungen sein, Verluste zu realisieren. Dies macht einen gezielten Vermögensaufbau unnötig schwer. Deshalb sollte die Notreserve nicht angerührt werden, ganz gleich, wie verlockend dies ist.
Vielmehr sollten Anleger auch und gerade in einem Bärenmarkt immer nur das Geld investieren, das sie mindestens die nächsten fünf Jahre nicht benötigen. Dann entspricht es der historischen Wahrscheinlichkeit, dass sich die Aktienkurse nach Ende des Bärenmarkts erholt haben und bestenfalls auf neuen Höchstständen notieren.