NewsAktien vor Jahresende verkaufen: Ist das sinnvoll?

Aktien vor Jahresende verkaufen: Ist das sinnvoll?

Wenn die Aktienmärkte korrigieren und einige Aktien im Depot blutrot auftauchen, stellen sich regelmäßig viele Anleger die Frage, ob sie ihre Aktienpositionen reduzieren sollten. Das Jahr 2021 war trotz aktueller Schwäche ein erfolgreiches Jahr. Der US-amerikanische Nasdaq 100 notiert beispielsweise rund 24 % im Plus, beim deutschen Leitindex DAX sind es immerhin über 11 % Rendite. Nichtsdestotrotz hört man immer wieder die Frage, ob man Aktien vor dem Jahresende verkaufen sollte.

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Ob es nun an der Zeit ist, das Vermögen umzuschichten, die Cash-Quote zu erhöhen oder sogar komplett auf Aktien zu verzichten, interessiert zahlreiche Investoren. Genau um dieses Thema geht es im folgenden Beitrag. Ist es sinnvoll, Aktien vor Jahresende zu verkaufen oder bleibt der Aktienmarkt das Mittel der Wahl?

Indizes korrigieren leicht, Highflyer stürzen ab  

In den letzten Wochen waren die Nachrichten vom Aktienmarkt durchwachsen. Zwar gab es keinen Flash-Crash wie am Krypto-Markt am letzten Wochenende. Dennoch gab es immer wieder Tage, an denen Anleger nur ungern in ihr Depot schauten. Die Indizes korrigieren aktuell leicht. Der DAX notiert im letzten Monat rund 5 % im Minus, beim Nasdaq 100 sind es immerhin fast 4 %, während der S&P 500 rund 3,5 % seiner Jahresgewinne abgegeben hat.

Dramatisch sah es demgegenüber bei einigen Highflyer-Aktien aus dem letzten Jahr aus. Die Aktien des US-amerikanischen Softwarekonzerns Docusign brachen im letzten Monat um über 50 % ein, beim Telemedizin-Marktführer Teladoc gab es Kursverluste von über 35 %. Ein Aktiencrash betraf somit lediglich einzelne Unternehmen, dessen Bewertung in den Monaten zuvor explodierten. Von diesem Umstand darauf zu schließen, Aktien vor dem Jahresende zu verkaufen, wäre ein Fehlschluss. Vielmehr ist die verhaltene Korrektur des Gesamtmarktes eine gänzlich normale Bewegung. 

Aktien vor Jahresende verkaufen – Saisonalität spricht dagegen

Unter dem Begriff Saisonalität versteht man die historische Kursbewegung des Aktienmarktes in bestimmten Monaten. Im sogenannten Sommerloch performten Aktien in der Vergangenheit häufig unterdurchschnittlich. Demgegenüber waren die letzten Wochen des Jahres eher ein Garant für Rendite. Wenn man isoliert auf die Saisonalität am Aktienmarkt schaut, sollte man weiter investiert bleiben oder möglicherweise sogar kurzfristige Schwächephasen für einen weiteren Einstieg nutzen.

Market-Timing funktioniert nur selten  

Zudem gibt es ein grundlegendes Argument gegen den Verkauf von Aktien zum Jahresende. Denn Studien kommen zum eindeutigen Ergebnis, dass das Market-Timing in den wenigsten Fällen funktioniert. Wer seine Aktien vor Jahresende verkaufen möchte, spekuliert auf einen günstigeren Einstieg im kommenden Kalenderjahr. Doch, ob ein Crash kommt und ob Kurse auf dem jetzigen Niveau wieder erreicht werden, weiß niemand.

Zinswende und Wirtschaftswachstum voraus?  

Um sich aktuell vielversprechend am Aktienmarkt zu positionieren, sollte man einen Blick auf das kommende Jahr werfen. Denn im Jahr 2022 könnte einiges passieren, was die Aktienmärkte bewegt. In den USA rechnen die Experten mit einer Zinswende, die bis zu drei Zinserhöhungen mit sich bringen könnte. Dies wirkt sich traditionell eher negativ auf die Assetklasse Aktien aus, da Anlagealternativen wieder lukrativer werden. Demgegenüber ist eine Zinswende in der Eurozone wohl noch in weiter Ferne.

Zugleich dürfte sich die Zinswende auf einem erträglichen Niveau bewegen, um die Inflation zu bekämpfen. Denn viele Experten befürchten mittlerweile, dass die Inflation dauerhaft hochbleibt, was wiederum das Investieren in Sachwerte alternativlos machen würde. Zudem ist es aktuell kaum vorhersehbar, wie sich die Omikron-Variante und das Aufleben der Corona-Pandemie auf die Inflation, die Geldpolitik der Notenbanken und die Weltwirtschaft auswirken.

Darüber hinaus sehen die Experten für das kommende Jahr ebenfalls starkes Wirtschaftswachstum. Wenn die Corona-Pandemie im Frühjahr wieder abklingt, könnte die europäische Wirtschaft boomen. Wachstumsraten von rund 4 % werden prognostiziert. Dies ist zunächst einmal positiv für den Aktienmarkt. Wenn die Wirtschaft floriert, kommt dies auch den Aktienkursen zugute.

Der Aktienmarkt bleibt das Mittel der Wahl  

Letztendlich bleibt es nachvollziehbar, dass sich investierte Anleger die Frage stellen, ob sie ihre Aktien vor Jahresende verkaufen sollten. Allerdings sehen die Experten der Banken auch im Jahr 2022 ein positives Jahr für den Aktienmarkt. Bei hochbleibender Inflation dürfte der Aktienmarkt das Mittel der Wahl bleiben. Historisch kann sowieso kein anderes Investment mit der Assetklasse Aktien mithalten, sodass langfristig orientierte Anleger weiterhin auf Aktien setzen sollten. 

Sollte man die Aktien vor Jahresende verkaufen?

Mit der Saisonalität des Aktienmarktes, den geringen Erfolgschancen von Market-Timing und der hochbleibenden Inflation spricht vieles für das Gegenteil. Denn langfristige Anleger sollten ihre Aktien keinesfalls aus Angst vor einem Börsencrash verkaufen. Wer aus Angst vor der fortschreitenden Pandemie, den Folgen der lockeren Geldpolitik der Notenbanken und einer bevorstehenden Zinswende schlechtere Chancen für Aktien sieht, kann seine Investitionsquote aktuell verringern. Doch die jüngsten Korrekturen in den Indizes könnten langfristig auch einen Einstieg lohnend machen, wenn man die fundamentalen Aussichten für die Weltwirtschaft als gut beurteilt. Insgesamt gibt es wohl wenig Gründe, die Aktien vor Jahresende zu verkaufen.

Aktien vor Jahresende verkaufen und Steuern sparen

Allerdings kann der Verkauf von Aktien vor dem Jahresende Sinn machen, um Steuern zu sparen. Denn jedem Investor stehen aktuell pro Jahr 801 Euro Freibetrag zur Verfügung, bei denen auf erzielte Kapitalerträge keinerlei Steuern anfallen. Zwar möchte die zukünftige Regierung den Freibetrag erhöhen. Für das Jahr 2021 sind jedoch die 801 Euro bei Einzelveranlagung und 1602 Euro bei Zusammenveranlagung die entscheidende Grenze. Wer den steuerlichen Freibetrag noch nicht ausgenutzt hat, könnte nun Aktien verkaufen, um Gewinne zu realisieren. Im Anschluss würde dann die jeweilige Aktie neu gekauft, sodass sich an der Zusammensetzung des Depots nichts verändert hat. Einzig und allein steuerliche Vorteile kommen dem Anleger zugute. Denn dieser muss später weniger Steuern zahlen, da sich die zukünftigen Gewinne vom neuen (höheren) Einstandskurs berechnen.

Hier können Anleger auf folgende Faustregel zurückgreifen. Bei einem Freibetrag von 801 Euro und der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 % beläuft sich die potenzielle Steuerersparnis auf rund 200 Euro. Sofern die Transaktionskosten zzgl. dem Spread weniger als 200 Euro ausmachen, kann es sich lohnen, Aktien vor Jahresende zu verkaufen. Allerdings sollte man sich immer auch vor Augen halten, dass das Risiko höherer Kaufkurse besteht, wenn nach dem Verkauf der Aktienkurs schnell ansteigt. An einer individuellen Berechnung führt hier kein Weg vorbei.

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Daniel Robrecht
Daniel Robrecht
Nach meinem Rechtswissenschaften- und Management-Studium habe ich meinen Fokus auf die Finanzwelt gerichtet. Seitdem schreibe ich täglich für unterschiedliche Plattformen über Themen rund um Aktien, ETFs, Kryptos und Investieren.

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