Aktienkurse reagieren meist empfindlich auf Unternehmensnachrichten. Sind die Neuigkeiten schlechter Natur, geht es erwartungsgemäß mit dem Kurs nah unten. Positive Nachrichten sorgen hingegen für steigende Kurse – zumindest oft. Doch manchmal fällt ein Aktienkurs selbst dann, wenn eigentlich alles gut läuft. Doch warum ist das so? Der folgende Artikel gibt Antwort.
Jeder, der sich mit Aktien beschäftigt, kennt das: Ein Unternehmen veröffentlicht seine Quartalszahlen oder gibt zwischendurch eine Ad-Hoc-Meldung heraus. Im Anschluss daran sinkt oder steigt der Kurs der entsprechenden Unternehmensaktie.
Ob es für den Kurs der Aktie auf- oder abwärts geht, hängt dabei in entscheidendem Maße davon ab, ob die Nachricht positiver oder negativer Natur ist. Allerdings sind positiv und negativ gerade in der Börsenwelt zumeist keine absoluten, sondern relative Begriffe.
Die Erwartungshaltung ist entscheidend
Um zu verstehen, warum dies so ist, muss man sich vergegenwärtigen, dass an der Börse nicht die Gegenwart, sondern die Zukunft gehandelt wird. Noch besser gesagt: die Erwartungen an die Zukunft.
Viele Anleger und Analysten schauen bei der Bewertung einer bestimmten Aktie nicht nur auf die aktuellen Unternehmenszahlen. Im besonderen Fokus des Interesses sind immer auch die zukünftigen Zahlen. Da selbstverständlich niemand die Zukunft kennt, müssen in dem Fall Prognosen herhalten. Fallen die Prognosen positiv aus, steigt die Erwartung an eine Aktie und der Preis des Papiers geht entsprechend in die Höhe. Gleichfalls kann eine negative Prognose den Aktienkurs fallen lassen.
Auch wenn Prognosen und Analysteneinschätzungen von großer Bedeutung für den Aktienkurs sind, muss sich jede Aktie am Ende des Tages an den realen Zahlen messen lassen. Sollten diese hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückbleiben, wenden sich manche Anleger enttäuscht von dem Papier ab.
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Ob ein Unternehmen jedoch hinter den Erwartungen zurückbleibt, hängt gleichermaßen von den konkreten Zahlen wie auch der Höhe der Erwartungen ab. Die Diskrepanz daraus kann mitunter zu für Börsenneulingen kuriosen Kursbewegungen führen. Verdeutlichen lässt sich dies an einem Beispiel.
Unternehmen A befindet sich auf Wachstumskurs. Im jüngsten Quartal konnte der Umsatz um 15 Prozent gesteigert werden. Auch der Gewinn ist um 10 Prozent gestiegen. Auf den ersten Blick sind dies positive Zahlen.
Doch was, wenn die ursprünglichen Prognosen einen Umsatzanstieg von 30 Prozent und einen Gewinnzuwachs von 20 Prozent vorausgesagt haben. In dem Fall wäre das Unternehmen trotz des eigentlich positiven Quartalsergebnisses hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Absolut positive Zahlen reichen nicht, wenn diese relativ zu den vorherigen Erwartungen enttäuschend ausfallen.
Je höher die Bewertung, desto niedriger die Toleranz für Enttäuschungen
Nun wird die Aktie eines Unternehmens nicht immer abstürzen, nur weil nicht sämtliche Erwartungen erfüllt worden sind. Die meisten Anleger haben eine gewisse Toleranz für Enttäuschungen. Wie hoch diese Toleranz ausfällt, hängt dabei jedoch maßgeblich von der Bewertung der Aktie ab.
Die meisten Aktien sind ein Vielfaches von dem Wert, was ein Unternehmen in einem Jahr an Gewinn je Aktie einnehmen kann. Eine der wichtigsten Kennzahlen an der Börse ist das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Es gibt an, wie hoch der Kurs einer Aktie dividiert durch den Gewinn je Aktie ausfällt. Je höher das KGV, desto teurer ist eine Aktie bewertet.
Liegt das KGV einer Aktie beispielsweise bei 100, würde dies bedeuten, dass es 100 Jahre dauert, bis ein Anleger den ursprünglichen Einkaufspreis der Aktie durch den erzielten Gewinn wieder heraus hätte – vorausgesetzt, dieser würde eins-zu-eins ausgeschüttet werden.
Üblicherweise haben Anleger jedoch nicht so viel Geduld. Eine teuer bewertete Aktie impliziert, dass die Erwartung der Anleger an das Unternehmen, in den kommenden Jahren ein starkes Wachstum bei Umsatz und Gewinn zu erzielen, sehr hoch ist. Dabei können die Erwartungen mitunter dermaßen ins Unermessliche steigen, dass selbst die kleinsten Enttäuschungen mit Verkäufen und einem fallenden Kurs quittiert werden.
Anleger sollten daher bei ihren Entscheidungen nicht nur die konkreten Ergebnisse eines Unternehmens berücksichtigen. Die Erwartungshaltung, der Hype und letztlich die Bewertung der Aktie an sich spielen oftmals eine mindestens ebenso große Rolle.